Als Frau erfolgreich in der Technologiebranche

Josephin Kim Spatz im Interview
Portrait von Josephin Kim Spatz @atelier.lynn
Josephin Kim Spatz

Noch immer sind Berufe im MINT Bereich von Männern dominiert. Josephin Kim Spatz hat in Ihrer Masterarbeit die Wahrnehmung und Einstellung zur Frauenquote in deutschen DAX Unternehmen untersucht. Wir haben mit ihr über die Ergebnisse gesprochen und wollten wissen, wie sie Ihre Karriere im Technologie Bereich aufgebaut hat.

Wie kam es zu Ihrem Interesse zu digitalen Technologien?

Ich fand schon immer Computer total faszinierend. Für mich, als Kind der Generation Y, waren Computer und vor allem das Internet sehr neu und es hat sich dadurch eine komplett neue Welt eröffnet: man konnte Spiele spielen, neues Lernen, Leute kennen lernen,… .

In meinen Teenie Jahren war ich in meiner Freizeit auf MySpace aktiv. Großen Spaß hatte ich aber vor allem daran, mein Profil mit eigenen einfachen HTML Codes immer neu zu gestalten. Seitdem hat mich die IT nicht mehr losgelassen. Der Bereich entwickelt sich so schnell weiter und es gibt immer etwas Neues zu lernen – da wird es für mich als sehr neugierige und wissbegierige Person nie langweilig.

Was fasziniert Sie an IT?

Durch digitale Technologien können viele Arbeits- und Lebensbereiche optimiert und vereinfacht werden. In meinem Arbeitsalltag als Softwareexpertin im Vertrieb, begeistert es mich immer wieder, dass ich Kundinnen und Kunden zeigen kann, wie sie Geschäftsprozesse optimieren und ihre Arbeitsweise vereinfachen können. Dadurch ergeben sich viele „Ah-Ha Momente“ und es eröffnen sich neue Perspektiven. An diesem Prozess beteiligt zu sein, motiviert mich besonders an meiner Arbeit.

Wie haben Sie ihren Karriereweg im IT Bereich eingeschlagen?

Nach meinem Abitur habe ich Wirtschaftsinformatik studiert, weil ich meinen technischen Interessen nachgehen und etwas studieren wollte, was man vielleicht nicht direkt mit mir verbunden hat. Nach ein paar Semestern habe ich den Studiengang gewechselt und mich im Bereich Controlling & Management spezialisiert. Doch mein Interesse für IT hat nicht nachgelassen und ich habe als Werkstudentin bei SAP gearbeitet, wo ich seit meinem Bachelorabschluss zuerst in der Beratung und dann im Vertrieb als Solution Advisor arbeitete und nach wie vor begeistert von der Vielfalt der IT bin.

Im letzten Jahr haben Sie einen Master in Kommunikation und Business Psychologie abgeschlossen. Wie kam es zu diesem Schritt in Ihrer Karriereplanung?

Von Beginn an meines beruflichen Werdegangs war mir klar, dass ich eine Führungskarriere als Managerin einschlagen möchte. Ich wollte mehr über Coaching und motivierende Führungsstile lernen. Die Entscheidung, dies im Rahmen eines berufsbegleitenden Masterstudium zu machen, fiel mir leicht. Wie bei meinem Bachelorstudium bin ich auch dann meinen Interessen und meiner Neugierde gefolgt. Ich wollte mehr über die menschliche Psyche erfahren – Wissen, dass mich auch bei meiner Arbeit im Vertrieb unterstützt und persönlich weitergebracht hat.

In Ihrer Masterarbeit haben Sie die Einstellung zur „Frauenquote“ in deutschen DAX Unternehmen untersucht. Welches Ergebnis hat Sie am meisten überrascht?

Schon während der ExpertInnen Interviews hat sich angedeutet, dass sich meine Ergebnisse in eine Richtung bewegen, die ich so nicht erwartet hatte und meinen eigenen Standpunkt auch veränderten. Auf die Frage, wie mehr Chancengleichheit in der Arbeitswelt geschaffen werden kann, wurde häufig genannt, dass Ziele und KPIs definiert werden müssten. Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen sind bereits im Gesetz für „Chancengleiche Teilhabe“ festgelegt. Es mangelt jedoch an der Umsetzung, vor allem da die Meinung unter den Führungskräften der deutschen DAX Unternehmen vorherrscht, dass Männer und Frauen im Job bereits gleichberechtigt sind – was der Realität allerdings nur in Ausnahmen entspricht.

Spannend war, dass in den Interviews überwiegend bestätig wurde, dass die Atmosphäre bei Besprechungen und Entscheidungen lockerer und kreativer war, sobald Frauen daran beteiligt waren. Das zeigt, wie wichtig es ist, gewohnte Gruppendynamiken und Arbeitsweisen aufzubrechen. Die Erfahrung aus meinen Gesprächen und die Analyse verschiedener Studien zu diesem Thema, hat dazu geführt, dass ich nun positiv zur Frauenquote eingestellt und davon überzeugt bin, dass diese relevant ist, um zielgerichtet Veränderungen zu schaffen. Definitiv ein Ergebnis, dass ich zu Beginn meiner Arbeit so nicht erwartet hätte!

Was würdest du Schülerinnen raten, die sich für eine Karriere in den MINT Fächern interessieren?

Ich würde jedem raten seiner Neugier zur folgen und in möglichst viele Bereiche zu schnuppern. Einfach mal etwas ausprobieren, aus seiner Komfortzone ausbrechen und Herausforderungen annehmen. Auch wenn sich zeigt, dass die erste Entscheidung nicht die richtige war und eine Ausbildung oder ein Studium abgebrochen wird, ist das aus meiner Sicht und persönlicher Erfahrung gar nicht schlimm und zeigt nur, dass man seinem eigenen Weg folgt. Während meines Masterstudiums habe ich auch nochmal gemerkt, wie schön Lernen und Studieren ist und dies ein Prozess ist, der nie zu enden scheint. Auch der Karriereweg ist mit der ersten Arbeitsstelle noch nicht abgeschlossen, sondern der Beginn einer langen Entwicklungsreise, auf der man sich viel Wissen und Spezialisierungen aneignen kann. Man sollte sich also immer Zeit nehmen, um Neues zu entdecken und zu hinterfragen, was man wirklich möchte.

Schülerinnen würde ich auf jeden Fall raten an Angeboten wie bspw. dem Girls Day oder Girls Digital Camps teilzunehmen, um direkte Einblicke in technische Berufsfelder zu erhalten. Mir hat es auch geholfen, mich über das Studienangebot bei Studieninformationstagen an Universitäten und Hochschulen zu informieren. Es kann auch hilfreich sein, sich Gruppen anzuschließen, die die eigenen Interessen verfolgen oder Role Models zu suchen, die einen inspirieren. Eines ist für mich aber klar: Mit einer extra Portion Neugierde, Spaß und Offenheit bietet der MINT Bereich – vor allem auch für Frauen vielfältige Möglichkeiten, um sich beruflich zu entfalten.

Vielen Dank Frau Spatz für diese besonderen persönlichen Einblicke, wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg bei Ihren nächsten Karriereschritten in der Technologiebranche.

P.S.: Am Donnerstag, den 22. April findet der Girls' Day statt - in diesem Jahr digital. Auch das KIT nimmt mit einem sehr abwechslungsreichen Programm an diesem Aktionstag teil. Es werden spannende Workshops von der KIT-Fakultät für Wirtschaftswissenschaften angeboten. Hier können Sie sich über das Programm informieren und für die Angebote anmelden!

Über Kim Josephin Spatz:

Josephin ist technische Expertin im Vertrieb eines Softwarekonzerns und Kommunikationspsychologin. Ihre berufliche Laufbahn startete noch vor dem Abitur in der Eventbranche. Während ihrem Bachelor in Controlling & Management arbeitete sie als Werkstudentin in verschiedenen Abteilungen der SAP, unter anderem im Vertriebstraining, Marketing in Dubai und Nachhaltigkeit. Nach dem Studium stieg sie als Prozessberaterin für Software as a Service und Cloud Produkte ein und wechselte nach vier Jahren in den Vertriebsbereich, in dem sie heute tätig ist. Während der letzen zwei Jahre absolvierte Josephin einen Master of Science in Kommunikations- und Betriebspsychologie und hält Vorträge zum Thema Chancengleichheit im Management. Weitere Informationen zu ihrem Lebenslauf hier